Erotische Literatur lesen - etwas zum Schämen? / Reading Erotic Literature – Something to Be Ashamed Of?

In Chats oder bei der Diskussion mit LeserInnen fällt mir immer wieder auf, dass viele ein Geheimnis aus ihrer Leidenschaft für erotische Literatur machen. Ich höre da Dinge wie: „Meine Frau/mein Mann darf das nicht wissen" oder „Ich lese das nur, wenn ich alleine bin" oder frank und frei: „Ein bisschen schäme ich mich schon, dass ich solche Sachen lese!"

Ich frage dann meistens: „Dann schämst du dich also auch, wenn du Sex hast?"

Da reagieren die meisten erstaunt: „Nein, natürlich nicht!"

Wo also liegt der Unterschied?

Man liest doch erotische Literatur auch, um sich an Dingen zu erfreuen, die erregen, die Lust machen und die eigentlich eine Vorstufe sein sollten zum realen Sex, so eine Art Aufwärmen, bevor es dann in der Realität losgeht. Das muss ja nicht unmittelbar nach dem Lesen passieren, obwohl es auch schön ist, sich gemeinsam an einer Geschichte zu erfreuen und sie dann zur Seite zu legen, um es real werden zu lassen. Es kann ja auch eine Einstimmung auf ein Date sein oder einfach der eigenen Lustfindung dienen.

Jedenfalls ist es nichts, wofür man sich schämen sollte, nicht vor dem/der eigenen Partner/in, nicht vor Freunden oder Fremden. Es ist doch ganz natürlich, Dinge zu tun, die einem Freude machen, und sich in einen Zustand der Erregung zu versetzen, hat meiner Meinung nach schon sehr viel mit FREUDE zu tun. 

Lust zu verspüren ist ein angenehmer Zustand und sich Erleichterung zu verschaffen, der schönste Teil davon. Natürlich ist das am allerschönsten mit einer/einem Partnerin/Partner, aber es ist auch nicht verwerflich, es alleine zu tun. Im Gegenteil, ich finde es manchmal richtig schön, auf eine/einen Bettgenossin/Bettgenossen zu verzichten und mir selbst Freude zu schenken.

Wir sollten offen mit unseren Bedürfnissen umgehen, zugeben, was uns Spaß macht, Neues ausprobieren und uns nicht von Moralvorstellungen aus dem letzten Jahrtausend beeinflussen lassen.

Sex ist eine der schönsten Beschäftigungen, die es gibt, und der sollte man sich mit Freude und ohne Geheimniskrämerei widmen dürfen. Es hängt nur von uns ab, wie wir das gestalten, und eines ist sicher: Schämen braucht man sich dafür sicher nicht.

Reading Erotic Literature – Something to Be Ashamed Of?

In chats or during discussions with readers, I often notice that many people keep their passion for erotic literature a secret. I hear things like: “My wife/husband mustn’t find out,” or “I only read it when I’m alone,” or quite openly: “I do feel a bit ashamed of reading stuff like that!”

I usually respond: “So, are you also ashamed when you have sex?”

Most people are surprised by that: “No, of course not!”

So where’s the difference?

After all, people read erotic literature to enjoy things that arouse them, that awaken desire, and that are, ideally, a kind of prelude to real sex—a kind of warm-up before things start happening in reality. That doesn’t have to happen immediately after reading, although it’s also lovely to enjoy a story together and then put it aside to make it real. It can be a way to get in the mood for a date, or simply a means of exploring one’s own desires.

In any case, it’s nothing to be ashamed of—not in front of your partner, not in front of friends, and not in front of strangers. It’s completely natural to do things that bring you joy, and putting yourself in a state of arousal, in my opinion, has a lot to do with joy.

Feeling desire is a pleasant state, and finding release is the best part of it. Of course, it’s most wonderful when shared with a partner—but there’s absolutely nothing wrong with enjoying it alone. On the contrary, I sometimes find it really beautiful to forgo a bedmate and treat myself instead.

We should be open about our needs, admit what we enjoy, try new things, and stop letting outdated moral standards from the last millennium hold us back.

Sex is one of the most beautiful activities in life, and we should be allowed to approach it with joy and without secrecy. It’s entirely up to us how we shape that experience—and one thing is certain: there is absolutely no reason to be ashamed of it.